Nikon D3300 Erfahrungsbericht


Wer einfach nur die beste Bildqualität in diesem Vergleich möchte, kann hier aufhören zu lesen und die Nikon kaufen. Der neue 24mp Sensor führt überraschenderweise nicht zu auffällig gesteigertem Rauschen auf höheren ISO-Stufen. Und das neue, zusammenschiebbare Kit-Objektiv ist eine echte Überraschung. Das Paket harmoniert hervorragend zusammen, die Schärfe und Detaildarstellung ist absolut beeindruckend für diese Preisklasse. Dazu ist das Paket für eine DSLR noch recht klein, leicht und auch noch ein echtes Sonderangebot, aktuell in der Vorweihnachtszeit 2014 bekommt man sie für ungefähr € 440,-.
Aber leider hat die D3300 auch einige Schattenseiten, und die meisten davon beziehen sich auf die Bedienbarkeit. Das ist zum Teil natürlich auch subjektiv. Aber ich hatte schon Kameras von allen großen Anbietern und wenn ich einen Preis für die schlechteste Benutzerführung vergeben müsste, ginge dieser direkt an Nikon. Vieles, was bei praktisch allen anderen Systemen leichter geht, ist hier unnötig unhandlich. Es sind auch oft mehr Bedienschritte notwendig, als bei anderen Systemen. Das mag bei den größeren Nikons nicht so ins Gewicht fallen, weil sie mehr Bedienelemente haben und man entsprechend seltener in das Menü muß. Aber die kleine D3300 trifft das voll. Exemplarisch soll hier einmal die Auto-ISO Einstellung genannt sein. Bei allen anderen Systemen die ich kenne, ist Auto-ISO mit bei der Einstellung für die ISO-Werte untergebracht. Man wählt entweder einen festen ISO-Wert, oder Auto-ISO anstelle dessen. Möchte ich also von Auto-ISO auf einen festen Wert wechseln, öffnet man die ISO-Einstellung und ändert den Wert von Auto-ISO auf den gewünschten. Nikon hat sich entschieden, das anders zu machen. In der ISO-Einstellung lassen sich nur die festen Werte einstellen. Auto-ISO ist ein eigener Punkt im Menü. Habe ich nun einen festen ISO-Wert vorgegeben und möchte zurück auf Auto-ISO, wird der Weg lang. Die D3300 hat nur eine Funktionstaste, die standardmässig auch mit der ISO-Einstellung vorbelegt ist. Dort komme ich aber nicht zurück auf Auto-ISO. Statt dessen muss man zurück ins Hauptmenü und sich dort zur Auto-ISO Einstellung durchhangeln und dieses aktivieren. Das ist alles machbar, aber unnötig umständlich und kostet Zeit. Alle anderen Kandidaten können das viel besser, die Olympus E-M10 hat hier beispielsweise die beste Lösung zu bieten. Dort drückt man FN2 und kann danach mit dem vorderen Einstellrad den ISO-Wert einstellen, wahlweise auch Auto-ISO.
Nikon hat die Kritik wohl vernommen und einen optionalen Einsteiger-Modus zur Verfügung gestellt. Wer noch Microsofts Bob kennt, dem wird das etwas bekannt vorkommen. Man landet dann in einem Dialog-Modus. Schritt 1: Lieber Anwender, was möchtest Du tun? Auswahl 1: Bilder anschauen. Auswahl 2: Bilder aufnehmen. Wählt man dann z.B. die Option zum Aufnehmen, kommt die nächste Menüebene: Toll, daß Du etwas aufnehmen möchtest. Was möchtest Du denn fotografieren? Eine Person oder eine Landschaft? Und so weiter, das ist so ungefähr das absurdeste, was ich im Bereich Benutzerführung im Fotobereich jemals gesehen habe. Anstelle dieses aufgesetzten Dialogs hätte Nikon lieber die allgemeine Benutzerführung überarbeiten sollen. Andere Anbieter zeigen ja, dass das viel besser geht. Auch wenn solche Ansätze dann manchmal zunächst in die falsche Richtung gehen können, wie Sony mit den NEX'en gezeigt hat.
Was Nikon nicht wirklich gut kann, ist der Kontast-Autofokus für Live-View und Video. Er pumpt viel bis er trifft, verliert im Video gerne mal den Fokus. Kurzum: die D3300 ist nichts für Video-Freunde. Man kann damit zur Not mal ein Video aufnehmen, aber man sollte sich dann nicht zu sehr ärgern, wenn der AF zeitweise daneben liegt.
Die D3300 ist für Anwender, die Fotografieren wollen und dafür normalerweise den Sucher benutzen wollen. Aber auch da ist nicht alles perfekt. Nun ist die D3300 die einzige DSLR in diesem Vergleich, sie hat also einen Spiegel und einen optischen Sucher. Das schränkt die Darstellungsmöglichkeiten in der Sucherdarstellung natürlich grundsätzlich ein. Was mich aber auch im Vergleich zu anderen DSLR's störte ist das nur kurze aufblitzen der Darstellung der fokussierenden Phasensensoren. Bei meiner alten Sony Alpha 500 war ich z.B. gewohnt, daß die Sensoren nach dem fokussieren dauerhaft angezeigt werden, solange der Auslöser halb gedrückt ist. Und grösser waren sie auch, es waren kleine Quadrate. Bei der Nikon sind es eher Punkte. Die blitzen ein Mal auf und danach sieht man nicht mehr, worauf fokussiert wurde. Natürlich kann man aufpassen und sich den Punkt merken. Aber das ist unnötig unkomfortabel für mich.
Was mich dann auch noch gestört hat, ist der flache an/aus-Schalter. Der ist so flach, daß er dem Finger kaum noch Fläche bietet. Die Position am Auslöser ist aus meiner Sicht eigentlich ideal. Beim Hochnehmen der Kamera kann man so mit dem Zeigefinger kurz den Schalter umlegen und dann gleich auf den Auslöser wandern. Wenn man die Kamera dann vor dem Auge hat, ist sie dann schon betriebsbereit. Der Schalter der D3300 ist aber so flach, daß mein Zeigefinger mehrmals darüber hinweg gerutscht ist. Die Kamera war dann noch aus, als sie vor meinem Gesicht landete.
Insgesamt ist die D3300 eine Kamera voller kleiner Hakeligkeiten, die einem den Spaß an ihr nehmen können. Die meisten davon sind absolut unnötig und hätten sich auch beim Einsteiger-Modell ohne zusätzliche Herstellungskosten realisieren lassen. Sie ist damit so was wie das Gegenteil der Canon 700D, die an diesem Vergleich nicht teilnimmt. Die Canon's haben immer ein gutes Bedienkonzept, die aktuellen Modelle sogar mit klapp-Bildschirm und Touch-Unterstützung, dafür mit unterdurchschnittlicher Bildqualität.
Ich habe die D3300 auf jeden Fall nach kurzer Zeit beim Händler umgetauscht.
Wer allerdings bereit ist, sich in die etwas kauzige Bedienung einzuarbeiten, bekommt mit der D3300 eine hervorragende Kamera, deren Bildqualität in dieser Preisklasse wohl nicht zu schlagen ist. Und nebenbei steigt man mit der D3300 in eines der leistungsfähigsten Systeme ein, die derzeit am Markt sind. Wer also ohnehin plant, in das Hobby Fotografie tiefer einzusteigen, und dafür auch bereit ist, ein paar Hakeligkeiten in Kauf zu nehmen, kann mit der D3300 durchaus glücklich werden. Wer hingegen nur eine im Vergleich zur Kompaktklasse bessere Bildqualität sucht, aber auf eher leichtem Weg zu ordentlichen Ergebnissen kommen möchte, sollte eher einen Blick auf die anderen Kandidaten werfen.

Kommentare

  1. Hallo

    "Kurzum: die D3300 ist nichts für Video-Freunde." Also die Videofunktion generell als untauglich darzustellen halte ich für sehr gewagt. gerade die D3300 punktet mit bester Videoqualität und ist eine sehr beliebte Kamera dafür. Der Flaschenhals ist hier lediglich der bekannt langsame Kontrast AF in Verbindung mit dem auch nicht sehr schnellen kleinsten Kit Objektiv. Wirkliche Videofilmer nutzen aber gar keinen AF, sondern fokussieren manuell.

    Insgesamt liest man in Ihrem Bericht sehr viel darüber, daß die Kamera anders ist als frühere oder von Ihnen gewohnte Kameras. Das mag so sein, kann aber nicht zu einer Abwertung führen, weil es dem nächsten Anwender ja gerade genau so liegen kann. Kurz, das ist alles subjektiv. Ganz vorbei dann meiner Meinung nach die Aussage, daß eine 700D alles besser könne, außer Bildqualität. Ja natürlich ist die weit besser ausgestattet, die stammt ja aus einer ganz anderen und höheren Klasse. Mit der D3300 vergleichbar bei Canon ist einzig die EOS 1200D, weil gleichfalls das günstigste DSLR Einsteiger Modell. Und wie sieht es dann aus? Die 700D war zu ihrer Zeit eher mit der D5200/5300 vergleichbar und dann sieht es schon ganz anders aus. Wenigstens ist ihnen die vorzügliche Bildqualität der 3300 aufgefallen, die als JPEG OOC sogar besser als aus meiner D7100 ist.

    Ich will jetzt aber nicht in jedes Detail Ihres Berichtes gehen. Insgesamt jedoch, wird die kleine aber sehr feine Kamera in ein Licht gerückt, daß sie einfach nicht verdient hat. Mit ihren rudimentären Einstellungsmöglichkeiten kommt sie dem Anfänger gerade entgegen, für den sie ja gedacht ist. Sie ist ja gerade extra dafür erdacht, den Anfänger nicht mit tausend Knöpfen und Tastern zu verwirren. Es ist keine Hauptkamera für den Fortgeschrittenen, der dann naturgemäß direkte Einstellungsmöglichkeiten vermisst. Und wer noch absolut keine Ahnung hat und einfach bloß sehr schöne Fotos direkt aus der Kamera haben möchte, dem hilft der Guidemodus sehr wohl, den Sie leider so verächtlich abtun. Seit der D3000 ist der genau so nun in vierter Generation in den kleinen Anfängernikons und warum wohl immer noch? Bestimmt nicht weil er dem Fortgeschrittenen unnötig vorkommt. Gehen Sie nochmal in sich und überlegen Sie wofür oder für wen diese wunderbare kleine Nikon wirklich gedacht ist. Dann sehen Sie das kleine Ding mit ganz anderen Augen, wenn Sie Glück haben. Oder Sie erkennen wenigstens, daß sie für Sie eigentlich komplett fehl am Platze war, was Sie dann aber auch schon vorher anhand vieler Tests und Berichte hätten sehen können.
    Obwohl ich sehr viele Nikons besaß und von der D40 bis zur D610 sehr viele durch habe, kann ich eines behaupten. Nie war es mit sehr wenig Aufwand so einfach, solche qualitativ hochwertigsten Fotos zu machen als mit der D3300. Wenn man sie als das betrachtet was sie ist, ein sehr einfaches und dadurch günstiges und kompakt - leichtes Fotogerät. Wer mehr will muß auch bei Nikon einfach zu einer der anderen Kameras greifen. Gerade bei Nikon ist es so, daß die Einstellbarkeit und Anzahl von Features mit dem Kaufpreis zunimmt, da muß man sich bei der günstigsten Variante nicht über fehlendes wundern. Mir ist eine kleine günstige Nikon mit allerbester Bildqualität jedenfalls deutlich lieber, als eine Kamera die mehr kann und bei der Bildqualität schwächelt. Zuhause am Monitor und gerahmt an der Wand zählt bloß noch die Bildqualität und niemand will wissen, daß ein Bild schlechter ist weil die Kamera dafür umso transportabler war. Meine D3300 hate ich neben D7100 und 610 als Immerdabei, wenn mir die anderen zu groß oder überkandidelt erschienen und sich dann doch Motive ergaben. Dann konnte ich mich auf die Kleine verlassen und habe in Zeitautomatik bloß noch abdrücken müssen. Belohnt wurde ich auch im Urlaub in Portugal in Verbindung mit dem klasse Sigma 17-70mm f/2,8-4 DC OS HSM mit einer sehr leichten Kombi die mir wunderschöne Fotos bescherte.

    Grüße

    Henning Becker

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